Eine Frau als Chefin - führen Frauen anders als Männer?

In den Top-Führungspositionen gibt es deutlich mehr Männer als Frauen. Aber die Arbeitswelt 4.0 erfordert einen neuen Führungsstil. Können Frauen diese Art, Mitarbeiter zu führen, besser umsetzen als Männer? Ist das eine Chance für mehr Frauen in der Chefetage?
01.02.2021

Welcher Führungsstil prägt die Arbeitswelt 4.0? Diese Frage stellten wir im Rahmen unserer Studie zum Thema "Neue Normalität" Tausenden von Berufstätigen auf der ganzen Welt. Das Ergebnis: Über drei Viertel (76 %) der Arbeitnehmer wünschen sich empathische und verständnisvolle Vorgesetzte. Gerade diese Eigenschaften werden stereotypisch Frauen zugeschrieben. Ist das tatsächlich so, und liegt ihnen deshalb der "neue Führungsstil" besser als Männern?

 

Der Unterschied im Setzen von Prioritäten

 

Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass sich die Führungsstile beider Geschlechter in weiten Teilen ähneln. Unterschiede machen sich jedoch bei den jeweiligen Prioritäten bemerkbar: Frauen legen mehr Wert auf intensive Kundenbindungen und zufriedene Mitarbeiter. Sie motivieren ihre Mitarbeiter über Strategien, die eine bessere Situation im Beruf sowie Vereinbarkeit von Familie und Beruf versprechen, also mehr Flexibilität oder Weiterbildungsmöglichkeiten. Im Gegensatz dazu greifen Männer meist auf monetäre Belohnungssysteme zurück oder bieten Mitarbeitern sachliche Leistungen (Dienstwagen, Firmennotebooks) an, um sie an das Unternehmen zu binden.

 

Was die Charaktereigenschaften betrifft, so sind die Unterschiede marginal. Das tatsächliche Persönlichkeitsprofil von Managerinnen steht dem männlichen Profil in keinen Eigenschaften nach: Frauen in Führungspositionen sind genauso emotional stabil, gewissenhaft und leistungsorientiert wie Männer. Woran liegt es also, dass Frauen in Top-Führungspositionen noch immer unterbesetzt sind?

 

Gläserne Decke und Rolleninkongruenz-Theorie

 

Beim Auswahlprozess eines geeigneten Kandidaten bzw. einer geeigneten Kandidatin für eine Führungsposition treten gemäß der Rolleninkongruenz-Theorie Wirkungsmechanismen auf, die verhindern, dass eine Frau die Stelle bekommt. Der Auslöser dafür ist der sogenannte Backlash-Effekt: Entweder verhalten sich die betreffenden Frauen "typisch weiblich" und entsprechen dadurch in ihren Stereotypen nicht denen der Führungsrolle, oder sie wirken und agieren wie eine Führungsperson, stimmen dann aber nicht mehr dem typischen Rollenbild einer Frau überein, d. h. sie erscheinen zu maskulin und machen dadurch einen eher unsympathischen und nicht authentischen Eindruck.

 

Hinzu kommt noch das Phänomen der Gläsernen Decke: Zum einen wird davon ausgegangen, dass Frauen irgendwann eine "Familienpause" einlegen und ihren Berufsanforderungen nicht mehr gerecht werden. Zum anderen suchen sich männliche Führungskräfte für die Beförderung ihrer Mitarbeiter bevorzugt Persönlichkeiten aus, die ihrem eigenen Typ am meisten ähneln – also ebenfalls Männer. Ein Teufelskreis, aus dem es kein Entkommen gibt?

 

Transformationale Führung

 

Es gibt auch positive Nachrichten. Inzwischen belegen gleich mehrere Studien, dass Unternehmen mit Frauen in Führungspositionen erfolgreicher sind. So fand die Unternehmensberatung McKinsey in der ersten ihrer vier Studien "Women Matter" über weibliche Führungskräfte heraus, dass Firmen mit einem hohen Frauenanteil im Vorstand um 48 Prozent höhere Gewinne (vor Zinsen und Steuern) erwirtschaften als der Branchendurchschnitt.

 

Das mag mitunter daran liegen, dass Frauen nicht mehr versuchen, den Führungsstil und das Verhalten der Männer zu kopieren. Sie neigen eher zur transformationalen Führung. Dazu gehört die bereits erwähnte Bereitschaft, auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter einzugehen, ihnen also z. B. eine bessere Work-Life-Balance zu ermöglichen – aber auch, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen und sich eher als Mentorin als Vorgesetzte zu verstehen. Damit punkten sie bei Mitarbeitern, die einen klassischen patriarchalen Führungsstil ablehnen. Zu dieser Mitarbeitergruppe zählen Vertreter der Generationen Y und Z – also genau die Arbeitnehmer, die aktuell und in nächster Zukunft den Arbeitsmarkt bestimmen.

 

Dass ein Umdenken in der Art, Mitarbeiter zu führen, stattfinden muss, ist spätestens seit der Corona-Krise klar. In Hinblick auf das Setzen von Prioritäten und Mitarbeitermotivation treffen weibliche Führungskräfte eher den Nerv der Zeit als ihre männlichen Gegenstücke. Wenn Unternehmen das verstehen und berücksichtigen, können sie vielleicht leichter wichtige Führungspositionen mit weiblichen Führungskräften besetzen.

 

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